Aus der Geschichte des Gutes und Dorfes RadauVerf. Josef Pettwer, Lehrer in RadauRadau, an der alten Heeresstraße Oppeln-Rosenberg gelegen, hieß früher Radow und es mag dieser
Name abgeleitet sein von dem polnischen Worte radowa* = sich freuen. Die älteren Uhrkunden fließen spärlich. 1413 wird Ritter Ulrich von Radow erwähnt. Durch Jahrhunderte hindurch ist Radau dann im Besitze der
Familie Salawe. Im Visitationsprotokoll von 1679 heißt es: „Die Filialkirche im Dorfe Radau, das dem Erben aus dem Geschlechte der adligen Salawa gehört, ist aus Holz zu Ehren des hl. Kreuzes, der hl. Barbara und
der hl. Margareta errichtet...“ 1539 ist Jan Salawe und 1567 Kasper Salawe – verheiratet mit Magdalena Nawoj – Besitzer von Radau. 1650 erwirbt es Adam Salawe für 2200 Taler von seinem Vater Johan, dessen Frau
eine geb. von Cornberg war. Um 1690 ist Adam Samson von Paczinski Eigentümer von Radau. (Sein Vater war der Kammer-Repräsentant Wenzel von Paczinski in Zembowitz. Die kostbare Monstranz in Z. ist 1657 von diesem
gestiftet worden. Um 6.11.1713 beurkundet Leopold Konstantin Reichsgraf von Cenczin auf Radau Rat und Landeskanzler der Fürstentümer Oppeln-Ratibor, den Verkauf des Gutes Suchau im Gr. Strehlitzer Kreise durch den
Ritter Ludwig Maximilian Reitzwitz von Kanderzin an den Reichsgrafen Karl Samuerl von Colonna auf Gr. Strehlitz. 1748 wird die Herrschaft Radau für 13500 Gulden an den Grafen Johann Friedrich von Strachwitz
veräußert. Die Grundbuchkarten von 1743 geben uns einen Aufschluss über Gut und Dorf. Es heißt dort: „In Präsentia des Kreisdeputierten Sebastian Wilhelm von Aulock und des Mandatarii von Holn: Dieses Dorf
gehört der Franziska, Gräfin von Lenczin. Eingekaufte Untertanen sind bis auf 1 Freigärtner nicht vorhanden. Die herrschaftliche Aussaat besteht in 14 Maltern, 2 Scheffeln, 8 Metzen über Winter und 4 Maltern, 4
Metzen über Sommer. Nach dem reguis directivis trägt der Acker das 3. Korn. Hirse wird nicht gesät, Leinsamen aber 1 Scheffel. An Garteneifall besitzt die Herrschaft 6 Scheffel. Von ihren besitzenden Weisen werden 12
zweispännige Fuder Heu gewonnen. Die Herrschaft hält 500 Stück Schafe und 6 Stücke Kühe. Die Hütung ist im Walde. Die zum Vorwerk gehörige Gärtner samt dem Kretschmer und Müller säen aus über Winter 3 Malter,
3 Scheffel, 3 Metzen und 3 Malter, 3 Scheffel, 4 Metzen über Sommer. Von wegen der 11 Gärtner und einem Freigärtner Wüstungen fallen die Aecker mit dem Viehbestand der Herrschaft zu. Ihr Acker trägt das 3. Korn. An
Garteneinfall ist nichts vorhanden. Und Wiesenwachs wird wenig oder gar nichts gewonnen. Der Viehbestand besteht in 25 Stück Kühen. Die Hütung ist im herrschaftlichen Walde. Die Herrschaft erhebet an Grundzinsen von
dem einzigen Freigärtner 4 Taler. Robote in Natura verrichten die 5 ausgesetzten Bauern mit herrschaftlichem zeuge. Ungemessene Dienste und Beträge = 20 Taler. Die ausgesetzten 11 Dreschgärtner haben Vergütung der
ungemessenen Handdiebe und kommen in Anschlag mit 25 Talern, 16 Silbergroschen. Umsonst werden der Herrschaft gesponnen 32 Stück Garn. An Ehrungen genießet dieselbe 20 Stück Kapaunen und 26 Mandeln Eier.
Mietungszinsen betragen nach Abzug des Drittels 5 Taler, 13 Silbergroschen, 12 Heller.Der Schank zinset 1 Taler, 18 Silbergroschen. Der Mühle Nutzung besteht in einer
Mühle zu einem Gange bei unbeständigem Wasser. Sie zinset gegenwärtig 2 Taler und 8 Silbergroschen Metz-Getreide. Ferner sind 2 Brettmühlen vorhanden, welche nach dem herrsch. Bekenntnis mit 12 Taler Nutzung
profitiert werden. Der Kretschmer debitieret 4 Achtel Bier und 2 Eimer Branntwein.An Teichnutzung hat die Herrschaft 1 Strich-Teiche mit 6 Strich-Karpfen und hinwieder 6
Teiche mit 27 Schock 3 jährigem Samen besetzt. Die wilde Fischerei wird aufs höchste mit 2 Talern genutzt.An Holzung hat die Herrschaft 11 ¼ Stallung weiches Holz. Der
anwesende Profitente von Holz erwiderte dagegen, dass seit 4 Jahren fast die Hälfte der angezeigten Stallungen ausgebrand sei, habe daher bis auf gnädige Resolution einer hochl. Hauptkommission deshalb 2 ¼ Stallung
davon abgeschrieben.Die Gemeinde darf hiesigen Orts keinen Wächter halten und sind auch den Jagdgeldern gänzlich liberieret.
Ein Pfarrwindmut ist vorhanden. An Messalien geben die noch befindlichen Bauern dem Pfarrer in Zembowitz 7 ½ Scheffel Rogen und 7 ½ Scheffel Hafer, Der Freimann Dragon gibt hin, statt der Messalien 2 Reichstaler
und an Opfern überhaupt 4 Silbergroschen.Die Bauern haben an Aussaat 5 Malter, 5 Scheffel, 12 Metzen über Winter und ebensoviel über Sommer und es fallen der Herrschaft
6 Wüstungen zu. Nach dem regulis directivis trägt der Acker das 3. Korn. An Garteneinfall sind 8 Metzen vorhanden. Hirse und Leinsamen werden nicht gesät. An Wiesenwachs haben die Bauern 5 zweispännige Fuder Heu.
Der Viehbestand beträgt 25 Stück Kühe. Die Hütung haben die Bauer auf den kalten Böden und im herrschaftlichen Walde. Handwerker sind außer dem Müller sonst niemand vorhanden. Ein Gemeindehirt wird nicht Gehalten.
Der herrschaftliche Schäfer hat von 100 Schafen 2 Taler Lohn und freie Kost bei dem Gesinde.Weder in diesem Berichte noch
in den Visitationsprotokollen ist etwas von einer Schule erwähnt. Ihre Gründung muß erst 1760 erfolgen sein. Am 15.5.1766 tritt bei einer Taufe der Radauer Schulhalter Franz Albrecht als Taufzeuge auf. Der erste
Unterricht soll nach Angabe der Schulchronik im Gartenhause des Dominiums stattgefunden haben. Das erste Schulhaus war ein keines hölzernes Gebäude und stand dicht am Dorfteiche. 1835 wurde ein neues errichtet, das im
Jahre 1892 wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde. Das jetzige Schulgebäude ist 1893 von dem Kreuzburger Maurer- und Zimmermeister Lederer erbaut worden. Die Baukosten betrugen 21686 M. Gegenwärtig wird unsere Schule
von 194 Kindern besucht, die in 2 Klassenzimmern untergebracht sind und von drei Lehrern und einer Hilfslehrerin unterrichtet werden. Die Schulleitung liegt in Händen des Herrn Hauptlehrers Czech.Um die Mitte des 18. Jahrhunderts entstand in der Nähe des Vorwerkes Kopaline auf Radawka zu einer Glashütte und Pottascheinsiderei. Glasermeister war Johan Greinert und Pottaschenieder
Jakob Grusa. Noch heute führt die dortige Flur den Namen sklarnia.Im Jahre 1763 erwirbt Radau und Lenke der königl. Preußische Generalmajor Michael Szekeln für 29393
Taler. Am 13.1.1772 stirbt er im Alter von 70 Jahren und wird in der Radauer Kirche beigesetzt.Jetzt geht Radau in den Besitz des Herrn Franz von Schweinichen über,
während Lenke sein Sohn Franz von Schweinichen übernimmt. (Letztere war in erster Ehe mit Josepha geb. von Frankenberg verheiratet.) Nach ihrem am 9.8.1781 erfolgtem Tode ging er eine 2. Ehe mit Marianna geb. Jarotzky
ein. Auch seine 3. Ehe, die er im Jahre 1799 mit Frederike von Blacho schloß, währte nicht lange. Sie stirbt am 15.9.1806 und wird in der Zembowitzer Gruft beigesetzt. Franz von Schweinichen, Erbherr auf Radau stirbt
56 Jahre alt 10.12.1787.Nach Zimmermann „Beyträge zur Beschreibung von Schlesien“ hatte Radau 1783 ein herrschaftliches Vorwerk, eine katholische Kirche und Schule,
12 Bauern, 22 Gärtner und 278 Einwohner. 1855 betrug die Einwohnerzahl 497 und 1861 626. Lenke, Koschütz und Radawka sind nicht einbegriffen. Nach der Zählung vom Juni 1933 hat Radau 627, Lenke 230, Koschütz 156,
Radawka 157 und Bonkowina 87 = 1257 Einwohner.Am 23.5.1816 teilt der Breslauer Ober-Landes-Gerichtsrat von Blankesee dem Pfarramte Zembowitz mit, daß der Königl.
Preußische Major Karl Franz, Johann Graf von Ballestrem die Güter Radau, Koschütz und Lenke käuflich erworben habe.Unterm 2.3.1816 wurde der Pfarradministrator
Dosterschill aus Zembowitz beauftragt, für die baldige Renowation der Radauer Kirche zu sorgen. (Kirchenpatron ist der jeweilige Grundherr.) Die Arbeiten wurden 1817 von dem Radauer Maurermeister Georg Foegelle, dem
Zimmermeister Gottfried Bautsch aus Gr. Lassowitz und dem Radauer Schmiede Balzer Elias ausgeführt. Wann unsere Kirche erbaut ist, steht nicht fest. Ihre Bauart läßt aber auf den Anfang des 17. Jahrhunderts
schließen. Infolge Zunahme der Patrochianen reichte die Begräbnisstätte um die Kirche nicht mehr aus, und es wurde 1893 außerhalb des Dorfes ein neuer Friedhof angelegt. Während des Krieges mußte die große Glocke
– gegossen 1836 – abgegeben werden. Als Ersatz wurde im Jahre 1925 von der Firma Geitner & Sohn, Breslau, eine neue, zum Preise von 800,-RM., geliefert. Die Glockeninschrift besagt, daß sie zum Andenken an die
Weltkriege Gefallenen gegossen worden ist.Nach Triest (Topographisches Handbuch von Oberschlesien) ging die Herrschaft Radau 1835 in den Besitz des Landesältesten Ludwig
von Schmakowsky, dessen Gemahlin Katharina eine geb. Gräfin von Ballestrem war, über. Aus dieser Ehe gingen folgende Kinder hervor: 1. Karl v. Sch., geb. 1833 in Kosel und von 1881-1917 Majorratsbesitzer der
Herrschaft Radau. 2. Theresia v. Sch., verheiratet mit dem Kgl. Premier-Leutnant im Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiment, Edmund von Glisczynski. 3. Elisabeth von Sch., verheiratet mit dem Kgl. Pr. Kammerherrn und
Landesältesten des Kreises Kreuzburg, Heinrich von Aulock. 4. Helene von Sch., gest. 14.8.1839. Nach der Vermessung von 1875 betrug die Gesamtfläche der Herrschaft 10197 Morgen. Davon waren 1700 Morgen Ackerland und
155 Morgen Wiese. In Dominium waren vorhanden 20 Stück Pferde, 100 Stück Rindvieh und 600 Schafe. Das Dorf hatte 1 Müller, 9 Bauern, 20 Gärtner, 8 Häusler und 1400 Morgen Land.Am 1.1.1917 starb der Kammerherr Karl von Schmckowsky. Nachfolger wurde sein Großneffe der Kgl. Pr. Major Balthasar von Aulock. Während des Weltkrieges gaben 38 Krieger aus dem Kirchspiel Radau
ihr Leben für Heimat und Vaterland. Ihnen zum Gedenken wurde im November 1923 vom hiesigen Kriegerverein ein Denkmal gesetzt.Bei der Abstimmung am 20.3.1921 wurden 327
Stimmen für Deutschland und 180 für Polen abgegeben. Beim Maiaufstande 1921 war die Gegen zwischen Radau und Zembowitz der Schauplatz blutiger Kämpfe. Auf Seiten des Selbstschutzes fielen 16 Mann, von denen 10 ihre
letzte Ruhestätte auf unserem Friedhofe fanden.Das Ergebnis der Volksabstimmung am 19.8.1934 war 430 Ja- und 5 Nein-Stimmen. 2 Stimmen waren ungültig. Die
Wahlbeteiligung betrug 97%. (...)Am Ende meiner Ausführungen möchte ich bemerken, daß Vorstehendes nur einen Auszug der Geschichte von Radau bildet. In der kurzen Zeit
meines Hierseins war es mir nicht möglich, die diesbezüglichen Akten in den Archiven und bei den Behörden in Augenschein zu nehmen. Mit Ausnahme des Berichtes von 1743 habe ich das andere Material der Zembowitzer
Pfarrkanzlei entnommen. Herrn Erzpriester Herold und auch den andern, die mich in würdige Weise unterstützt haben, sei an dieser Stelle herzlichst gedankt.
Heimatkalender des Kreises Rosenberg OS. 1935
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