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Die Geschichte der Wallfahrtskirche der heiligen Anna zu Rosenberg (OS)
Der allerschönste hölzerne Bau im ganzen Schlesien ist ohne
Zweifel die Kirche der heiligen Anna, welche sich 1,5 km nördlich von Rosenberg befindet. Ihre natürliche Form entspringt der Erde, und die warme Ausstrahlung des Holzes ist eine wunderbare Ergänzung der sie
umgebenden Natur. Kleine graue sich leicht über den Kronen der Bäume erhebende Türme erscheinen aus der Vogelperspektive wie drei im Grün des Waldes versenkte Perlen. Das harmonische Ganze von Kirche und
umgebenden Bäumen ist ein einmaliger Schatz, dessen Schönheit nicht zu übersehen ist
Genauso faszinierend wie ihre Erscheinung ist die Geschichte dieser Kirche:
Im Sommer des Jahres 1444 wanderte ein in Rosenberg
wohnendes Mädchen namens Anna einsam durch den Wald. Unterwegs vom naheliegenden Dorf zu ihrem Zuhause wurde sie von Räubern des Waldes überrascht. Fliehend vor den
Räubern kam sie zu einer Kiefer, wo vor zwei Jahrhunderten die fromme Herzogin Hedwig während eines heftigen Gewitters das Bild der heiligen Anna vergaß. Die sich fürchtende kleine Anna
(auf polnisch Ania) umarmte den Baumstamm und rief ihre Namenspatronin um Hilfe an. Die heilige Anna ließ ihren Schützling nicht allein. Unsere Ania wurde unsichtbar für die
Räuber. Das rettete ihr das Leben. Als die erschrockene Ania endlich zu Hause ankam, erzählte sie ihrer Familie und
den Nachbarn von der großen Gnade, die ihr dank der heiligen Anna widerfuhr. Aus selbstverständlichem und
tiefempfundenem Dank stiftete die Familie Anias eine Skulptur: Die Heilige Anna Selbsttritt. Diese Skulptur stellt die heilige Anna, die heilige Maria und das Jesuskind dar, deshalb Selbsttritt.
Das gestiftete, bunt bemalte Gnadenbild wurde an der Kiefer befestigt, die dem Mädchen Schutz gab. Die Nachricht
über das wunderbare Geschehen verbreitete sich über den ganzen Kreis Rosenberg, und fromme Pilger in großer Zahl
kamen vor die Rosenberger Kiefer, um die heilige Anna um Hilfe und Unterstützung zu bitten. Aus diesem Grund entschieden sich die Bewohner Rosenbergs, an dieser Stelle eine kleine Kapelle zu errichten.
Soviel zu der Volkssage um die wundertätige Anna. Doch was ist mit den Fakten?
Im Jahre 1444 wurde tatsächlich eine kleine Kapelle erbaut, welche die Ausmaße des Presbyteriums (Altarraumes) der
heutigen Kirche hatte. Diese Kapelle war bereits der hl. Anna geweiht. Der Hauptaltar wurde durch die oben
beschriebene Kiefer gestützt, an welcher die Äste abgeschnitten wurden, so dass sie in der kleinen Kapelle stehen
konnte. Aus Angst vor möglichen frommen Zerstörern hatte man den wundertätigen Baum mit Brettern umgeben.
Mit jedem Jahr stieg die Zahl der Pilger, die nicht nur aus Schlesien nach Rosenberg kamen, sondern auch aus Polen,
Mähren und Böhmen. Die kleine Kapelle konnte nicht mehr alle Pilger aufnehmen. Die Bürger von Rosenberg
beschlossen daher, die Kapelle in eine Kirche umzubauen. Von den nach Rosenberg kommenden Pilgern erfuhren die
Bürger, dass der damalige Breslauer Bischoff, Johannes V. Turzo (1506 – 1520), zu dem Kreis jener gehörte, welche
die heilige Anna besonders verehrten. (Im Jahr 1509, auf der Bischoffsynode in Breslau begann er danach zu streben,
einen Tag im liturgischen Kalender der hl. Anna zu widmen. Erst aber Papst Gregor XIII. legte im Jahr 1584 fest, dass
der 26. Juli ein der Heiligen Anna gewidmeter Tag sei.) Berührt von der Nachricht über die Verehrung der heiligen Anna
durch den Bischoff entschieden sich Mitglieder der Rosenberger Gemeinde, den Bischoff direkt um Hilfe zur Errichtung
der neuen Kirche bei Rosenberg zu bitten. Johannes V. äußerte sich positiv zu dieser Bitte und versprach das
notwendige Engagement. Der damalige Pfarrer von Rosenberg, Michael (1503 – 1528), war verständlicher Weise gegen eine dritte zu den zwei schon bestehenden Kirchen in Rosenberg.
Als es schließlich mit Erlaubnis des Bischoffs zum Bau kam, enthielt sich aber der amtierende Pfarrer Michael jeder
öffentlichen Äußerung gegen dieses Projekt. Der Umbau der Kapelle zur Kirche erfolgte im Jahr 1517, also nicht wie
bis jetzt behauptet im Jahr 1518. Aus uns nicht bekannten Gründen zogen sich alle Arbeiten bis in den späteren
Herbst hin, und der besonders frostige Winter erlaubte nicht die Beendigung der Bauarbeiten noch im gleichen Jahr. Im
frühen Frühling des folgenden Jahres 1518 realisierten die Bürger von Rosenberg endlich ihren lang gehegten Wunsch
nach einer richtigen Wallfahrtskirche. Der Bau der Kirche wurde beendet, und eine Delegation unter der Führung des
Bürgermeisters Johann zog nach Breslau, den Bischoff zur Weihe der neuen Kirche einzuladen. Johannes V. Turzo
nahm die Einladung gern an und kam nach Rosenberg am späteren Abend eines Freitags, des 16. April 1518. Zwei
Tage später (am zweiten Sonntag nach Ostern, also am 18. April) weihte Johannes V. die Kirche. Aus Dank dafür
schenkten ihm die Rosenberger Bürger einen halben Topf (ca. 3 Liter) guten Weins, der von dem dortigen Weinberg kam, und einen jungen Rehbock.
.In der neuen Kirche, die 15 m lang und 7 m breit war, wurde die kleine Kapelle zum Presbyterium. Um diese Kapelle
zu schmücken beauftragte der Magistrat von Rosenberg noch im Jahr 1517 einen Künstler, einen Holzschnitzer namens Jakob. Der Holzschnitzer legte ein Zeugnis vor, dass er sein
Handwerk in Krakau gelernt hatte. Diese Information erlaubt uns zu vermuten, dass der Jakob ein Schüler von Veit Stoß (um 1447/48 - 1533) war. Wenigstens aber kannte er das
Triptychon des Meisters in der Krakauer Marienkirche. Der Bildschnitzer Jakob hat nämlich für die Anna Kirche in Rosenberg ein durchaus ähnliches Werk geschaffen. Die
Arbeiten dauerten von 1517 bis 1518. Wahrscheinlich konnte der Kirchenbau zunächst auch deshalb nicht beendet werden, weil das Triptychon nicht rechtzeitig fertig geworden war.
Das Triptychon schmückte den Hauptaltar der Kirche, und
ursprünglich war dieses, wie das große Vorbild, mit beweglichen Seitenflügeln ausgestaltet. Im 19. Jahrhundert wurde das Triptychon mit einer neugotischen Umrahmung
umgeben, wodurch die Seitenflügel nicht mehr bewegt werden konnten. Das Werk des Jakob wurde “Große heilige
Familie” genannt. Die Skulpturen des Altars waren halb herausgearbeitet und auf Holzplatten befestigt.
Das mittlere Feld des Altarbildes ließ sich in fünf Darstellungen teilen:
- Oben wurde Gott Vater dargestellt, der mit den Strahlen der Gnade des heiligen Geistes den handelnden
Personen des Altars und den Pilgern vor dem Altar seinen Segen spendet.
- Die erste Hauptszene des Triptychon stellte dar, wie der kleine Jesus in den Tempel gebracht wurde. Im
Vordergrund sah man Maria und Josef. Die rechte Hand des Kindes wurde von der Prophetin Anna gestützt, die
im Tempel anwesend war, als Jesus dorthin gebracht wurde. Im Hintergrund hinter den Eltern von Jesus und
hinter der Prophetin Anna konnte man zwei Personen erkennen, eine weiblich und eine männliche. Sie stellten den Meister Jakob und seine Frau dar.
- Die zweite Szene auf dem linken Teil (vom Altar aus gesehen) stellte vier Personen dar: den heiligen Joachim
(der Mann der heiligen Anna) in der Mitte, Stolon und Emerenzia (die Eltern der heiligen Anna) und den heiligen Josef dicht bei der Säule. Die Dargestellten schauten auf die dritte Szene des Triptychons.
- Diese Szene stellte die heilige Anna, die heilige Maria und das Jesuskind dar.
- Die vierte Szene stellte die heilige Elisabeth mit vier Kindern dar. Das jüngste, durch die Mutter auf dem Knie
gehaltene Kind, war Johannes der Täufer, und die drei anderen Kinder waren die des Bildschnitzers Jakob.
Die Flügel des Triptychon entstanden etwas später als der Mittelteil, wahrscheinlich nach 1518. Sie stellten in der
letzten uns bekannten Anordnung dar, wie Maria zu Elisabeth kam (Heimsuchung) und die Anbetung der drei Könige
auf der rechten Seite sowie wie Gabriel zu Maria kam (Mariä Verkündigung) und die Geburt Jesu auf der linken Seite.
Wie man leicht feststellen kann, waren diese Teile im 19. Jahrhundert liturgisch falsch zusammengebaut worden. Das
Triptychon stellte insgesamt 32 Personen dar. Es wurde in der Nacht vom 19. zum 20. August 1994 gestohlen.
In dem mittlerem Teil des Altars über dem Tabernakel in einer gläsernen Hülle hatte die
Skulptur der Heiligen Anna Selbsttritt ihren Platz gefunden.
In der Kirche befinden sich heute auch zwei Seitenaltäre:
- auf der Seite des Evangeliums (rechte Seite) ein dem heiligen Josef, dem Beschützer
Jesu, gewidmeter Altar
- und der zweite Altar auf der Seite der Lektion (linke Seite) gewidmet dem heiligen
Valentin, dem Patron der Kranken, der Epileptiker und der Verliebten.
Diese Altäre entstanden jedoch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Früher, im 17. Jahrhundert, stand auf
der Stelle des jetzigen Altars des heiligen Josef ein anderer, der Christus dem Erlöser gewidmet war. Das Altarbild
stellte Christus dar, welcher ein Lamm auf den Schultern trug. Jetzt befindet sich dieses in der dritten Kapelle der
Rose (in dem Anbau an das Hauptschiff, siehe unten). Es hängt dort an der rechten Seite. Das Bild wurde mit Ölfarben
auf einer Holztafel im Jahr 1641 gemalt. Wahrscheinlich hat man den Altar von Christus dem Erlöser im Jahr 1669
während der Errichtung des neuen Anbaus an die Kirche abgebaut und das Bild in den Neubau (die Rose) verlagert. Einen zweiten Seitenaltar gab es Anfang des 17. Jahrhunderts noch nicht.
Der Triumphbalken, der die zwei Längsseiten der Kirche auf einer Höhe von 2 Metern verbindet, wurde mit der Szene
der Kreuzigung geschmückt. Die Skulpturen welche das Kreuz mit dem Corpus Christi, die heilige Maria und den
heiligen Johannes den Evangelisten (der bei der Kreuzigung anwesend war) darstellen, entstanden in der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts. Auf diesem Triumphbalken ist auch ein Datum der Konsekration der Kirche (Kirchweihe)
aufgemalt und eine dazu passende Inschrift “Erecta et consecrata 1518” (Errichtet und geweiht im Jahre 1518). Unter
dieser Schrift wurde ein Zitat aus dem Buch der Klagelieder (1,12) aufgemalt: “Ihr alle, die ihr des Weges zieht, schaut
doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz”. (Irrtümlicher Weise steht unter dem Text, daß es sich um einen Auszug aus dem Buch Jeremia handelt.)
Von der Seite des Presbyteriums her wurden auf dem Triumphbalken vier Votivgaben (Dankesgaben) aufgehangen,
nämlich zwei türkische, eiserne Fesseln aus dem 17. Jahrhundert, ein Stock aus der zweiten Hälfte des 17.
Jahrhunderts und eine Skulptur, die das Symbol des Heiligen Hubertus (ein Hirschgeweih mit einem Kreuz) darstellt, aus den letzten Jahren des 17. Jahrhunderts stammend. Über diese Votivgaben hier einige Worte:
Der in Holz geschnitzte Kopf des Hirsches des Heiligen Hubertus wurde zur Erinnerung an die wunderbare Errettung
eines Mädchens vor dem Geweih eines wilden Hirsches aufgehangen.
Der knorrige Stock von ca. einem Meter Länge hängt als Erinnerung an ein Ereignis, welches sich in Albrechtsdorf in
der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zutrug: Wie die Legende sagt, schlug ein dortiger Bauer seinen Sohn, sehend dass er den Ochsen beim Pflügen falsch führte.
Der mit dem Stock auf den Kopf geschlagene Junge fiel sofort tot um, und der Vater, über seinen Mord sehr
erschrocken, betete inbrünstig zur heiligen Anna um das Leben für das Kind. Als er sich voller Tränen entschied, mit
der Leiche des Sohnes nach Hause zu kommen, sah er, dass der Sohn sich bewegte, was ein Wunder war. Und der
dankbare Vater hängte mit eigenen Händen den Stock an dem Triumphbalken auf zum Gedächtnis an dieses Wunder.
Die zwei Fesseln aus dem 17. Jahrhundert übergaben zwei junge Rosenberger, die wie durch
ein Wunder aus der türkischen Gefangenschaft befreit worden waren, der Kirche.
Im Jahr 1606 wurde in Breslau durch den Glockengießer Erhard Scherbein eine Glocke
gegossen, die bis heute ihren Zweck auf dem Turm der St. Anna Kirche erfüllt. Die Glocke wurde von zwei Küster gestiftet: Melchior Ledermann und Martin Chmielik.
Im Jahr 1619 baute man eine Kapelle aus Ziegeln, die an die Kirche von der südlichen Seite her angefügt wurde. Der
Stifter dieser Kapelle war der damalige Rosenberger Propst Hieronymus Perca (1606 – 1641). Das Dach dieser Kapelle
bildete eine Kuppel. Dieses Gebäude wurde als Viereck gebaut, es hatte einen Altar, einen kleinen in Richtung Süden
ausgerichteten Chor und zwei Türen, die immer offen waren. Bei dem Fenster in der westlichen Seite befand sich eine
Kanzel, aus der man über das offene Fenster den Gläubigen, die sich draußen befanden, predigte. Die Kapelle befand
sich an der Stelle, an der heute der neue Anbau steht, die schon erwähnte sogenannte Rose. (Man hat die Kapelle im
Frühjahr 1669 abgebaut, um den rosenförmigen Anbau zu errichten, weil das Dach einzustürzen drohte.) Den
Fußboden aus Holzdielen legte man erst im Jahr 1630. Das Holz dafür schenkte Herr Wachowsky, Eigentümer eines
Vorwerks auf der großen Vorstadt. Im Jahr 1646 wurde ein kleiner Turm erbaut. Der Zimmermann erhielt für seine
Arbeit 10 Schlesische Taler und für die Befestigung von Blechen auf diesem Turm 12 Groschen. Das Kreuz kostete 9
Groschen. Die Errichtung des kleinen Turms erfolgte möglicherweise darum, weil in dieser Kirche ein zweiter Altar gestiftet wurde, wahrscheinlich der Christus dem Erlöser gewidmete Altar (siehe oben).
Weil die Kirche aus dem Jahr 1518 zusammen mit der dazu gebauten Kapelle aus dem Jahr 1619 nicht allen Pilgern
und Gläubigen Platz bieten konnten, hatte man sich entschlossen, einen neuen, größeren und schöneren Bau zu
errichten. Zusätzlicher Anlass dafür war der schlechte Zustand der Kapelle aus dem Jahr 1619. Der damalige neue
Propst, Andreas Pechenius (1668 – 1680), hatte entschieden, dass die auseinander fallende Kapelle so schnell wie
möglich abgebaut werden sollte, und an deren Stelle sollte ein neuer Bau entstehen, der zur alten Kirche passt.
Dieser Bau wurde nicht nur durch die Rosenberger Augustiner unterstützt, sondern auch von dem
Eigentümer der Stadt, dem Georg Adam Franz Grafen von Gaschin (gest. 1719), und dem Magistrat der Stadt mit seinem Bürgermeister. Der Bauvertrag wurde am Donnerstag, den 6.
Dezember 1668 abgeschlossen zwischen Martin Sempek, Zimmermeister aus Gleiwitz, und den Rosenberger Augustinern in Personen: Propst Andreas Alexander Pechenius, Prior Johannes
Patezius (1662 – 1672), Superior Michael Ochotsky. Man entschied wie gesagt, dass die neue Kirche die Form einer Rose erhalten sollte.
Dabei stellen die fünf Kapellen die Blütenblätter dieser Blume dar. Die
Bauarbeiten wurden am Dienstag, dem 19. März 1669 aufgenommen und in der Mitte des folgenden Jahres, vor dem Fest der heiligen Anna (also vor dem 26.
Juli 1670), beendet. Die neue Kirche wurde in der Form der Rotunde erbaut. Der Martin Sempek, dessen Fachwissen als Zimmermeister überdurchschnittlich war, hatte das Wappen von Rosenberg auf den Grundriss
der neu gestalteten Kirche übertragen.
Das Zentrum dieses Gebäudes, eines regulären Sechsecks wird von einer
Decke, über der sich eine Kuppel erhebt, überwölbt. Die Seiten der Kapellen haben die Form von Tonnengewölben.
Zwischen diesen Gewölben wurden in der
Decke Fenster errichtet, die sich zu einer Galerie öffnen, welche das sechseckige Schiff der Kirche umrundet. Die Galerie erinnert an einen Chor und ist auf sechs
Holzsäulen gestützt, die in den Ecken des Sechseckes aufgestellt sind. Aus dieser Galerie öffnet sich ein Blick nicht nur auf eine der Kapellen, sondern auch auf das
ganze Innere. Das reguläre Sechseck ist von der Nordseite her durch einen Gang, der elf Meter misst, mit dem Altbau aus dem Jahre 1518 verbunden. Der Gang
symbolisiert den Stil der Rose, die mit ihren Wurzeln die Mutterkirche erreicht. Leider musste man auf den ursprünglichen Plan, einige “Blätter” (also Kapellen) auch aus
dem “Blumestil” (dem Verbindungsgang) heraus zu errichten, verzichten. Dieses Unternehmen hätte den Bau der Kirche verlängert und noch komplizierter gemacht. Der Zimmermeister Sempek erhielt
für sein Werk 80 Schlesische Taler, 4 Scheffel Roggen, 3 Scheffel Weizen, 2 Scheffel Buchweizen, 2 Scheffel Gerste,
¼ Maß Hirse, ¼ Maß Erbsen, 30 Quarz Butter, 2 Speckseiten, 3 Schock Käse, 4 Fässer Bier sowie die kostenlose Unterbringung und Verpflegung im Kloster während des Baus.
Die festliche Weihe der neuen Kirche (also der Rose) fand am 26. Juli 1670 statt. Die Weihe hat der Rosenberger
Propst und Dekan Andreas Pechenius durchgeführt. Die neue Kirche wurde in kleinen Schritten verschönert. Dieser
Prozess hing von den Schenkungen der Rosenberger Augustiner, der Mitglieder der Gemeinde und der Pilger ab. Alle
Fenster in der ganzen Kirche (insgesamt 25) wurden vom Rosenberger Prior, Bartholomäus Alexander (1672 - 1675),
gestiftet. Der Archiepresbyter und Rosenberger Propst, Georg Czekala (1680 – 1693), ließ in der Mitte der neuen
Kirche den Fußboden mit Ziegeln (in der Form von gleichseitigen Sechsecken) auslegen. Heute befinden sich dort
Dielen. Teilweise wurden auch die Arbeiten begonnen, um die Kapellen mit Dielen zu versehen. Das Dielen begann ein
Rosenberger Einsiedler namens Laurentius Chylek (gestorben 1697), der den Durchgang von der Mutterkirche bis zur Rose auslegte.
Der Durchgang zur neuen Kirche wurde mit einem Triumphbalken geschmückt. Darauf befestigte man eine Skulptur:
Johannes der Evangelist auf einem Adler. Diese Skulptur entstand aber in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In den Durchgang wurden zwei Altäre gestellt.
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Ein Altar mit einer volkstümlichen Pieta, die in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts entstand.
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Der zweite Altar stellt eine Maria als Königin dar und stammt aus
dem Anfang des 19. Jahrhunderts.
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Die erste Kapelle der Rose (im Nordosten) ließ auf seine Kosten der Nachfolger von
Alexander, Prior Michael Ochotsky (1675 - 1679), mit Dielen auslegen. Der Altar, der sich heute in dieser Kapelle befindet, wurde im Jahr 1712 erbaut. Man hat ihn der heiligen Anna Selbstdritt geweiht. Das Altarbild
entstand am Anfang der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und schmückte wahrscheinlich bereits den ersten Altar, der in dieser Kapelle stand, der aber nicht bis heute erhalten ist.
Dieses Gemälde, welches eine wohlbekannte Szene (Anna, Maria und das Jesuskind)
darstellt, ist ein Werk von hohem künstlerischen und geschichtlichen Wert. Es macht auf den Betrachter durch die Qualität der Darstellung großen Eindruck, insbesondere
durch das Spiel von Licht und Schatten. Hinzu kommen das Aussehen und der Faltenwurf der Kleider sowie die geheimnisvolle Ausstrahlung der gesamten Komposition.
Die Figuren der heiligen Anna und Maria sind wie zwei Säulen, die das Kind Jesu
zugleich umgeben und stützen. Das Jesuskind ist mit einem durchsichtigen Kleid angezogen. Dadurch kann man seinen kleinen Körper rein, schön und unschuldig
schauen. Das durch die heilige Anna gehaltene Körbchen von Obst und ein ebenfalls von ihr gehaltenes Maiglöckchen sowie eine durch das Jesuskind erhobene Rose
erinnern sehr stark an niederländische Meister aus dem 17. Jahrhundert.
Es lohnt sich, den Kleidern der heiligen Frauen Aufmerksamkeit zu schenken, insbesondere dem Kleid von Maria: Die
Mutter Gottes ist mit einem typischen Kleid reicher Frauen des 17. Jahrhunderts bekleidet. Dieses Kleid ist eine kleine
Sensation in der Darstellung der Gottesmutter, da es ein Dekolleté hat. Das war eine Innovation in der darstellenden
Kunst der damaligen Zeit. Über dem Dekolleté kann man eine winzige rote Schleife erkennen, die so dargestellt ist, als ob sie den aufgedeckten Teil des Körpers der Mutter Gottes wieder bedecken soll.
In interessanter Weise wurde auch das Kind Jesu dargestellt, welches mit der linken Hand das Kinn der Großmutter
Anna stützt. Hinter den Figuren der Frauen sieht man zwei männliche Personen, vielleicht sind das die Wachenden
Petrus und Paulus. Über den fünf Figuren wurde Gott Vater gemalt, der die Strahlen des heiligen Geistes als Gaben
seiner Gnade sendet. Diese Segnung wird in der Begleitung zweier Engel erteilt. In der rechten unteren Ecke kann man ein Zeichen und die Initialen des Malers: XX AR erkennen.
Das Bild ist wunderschön, und es lohnt sich wenigstens für einen Moment inne zu halten und das Kunstwerk zu
bewundern. Über dem Bild befindet sich ein Schriftzug: “O SACTIME PATRONI IN CASUTRISTI ADESE PRONI” (Oh
heilige Beschützerin, im Unglück seit Ihr hilfreich). Bei dem Altar befinden sich zwei Skulpturen: auf der rechten Seite
der heilige Johannes Nepomuk und auf der linken Seite der heilige Ignatius von Loyola. Über dem Altar befinden sich
drei Skulpturen: die heilige Katarina, die heilige Barbara und ein Engelchen. Der Altar ist außerdem geschmückt mit einer Dekoration von Akanthus-Motiven.
Die zweite, nach Osten ausrichtete Kapelle nahm der Nachfolger von Ochotsky, Prior
Wenzel Slabonius (1679 - 1687), unter sein Patronat, der in dieser Kapelle einen dem heiligen Kreuz gewidmeten Altar erbauten ließ. Die Skulpturen, die in diesem Altar
dargestellt sind, zeigen den heiligen Augustinus auf der rechten Seite und den heiligen Thomas von Aquino auf der linken Seite des Altars. Der Altar entstand in den
80er Jahren des 17. Jahrhunderts. In dieser Kapelle wurde auch ein Bild angebracht, welches Jesus als den König aller Leiden darstellt, das in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts durch B. Schellinsky (nach 1945 B. Czeliński) gemalt wurde.
Die dritte, nach Süden ausgerichtete Kapelle nahm
Georg Istel, Professor der Stiftskirche in Oppeln, unter sein Patronat. Die Anfertigung des Altares besorgte ein Rosenberger namens Jakub Śliwa (gestorben 1684), welcher
Schuster und gleichzeitig ein talentierter Holzschnitzer war. Dieser Altar wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts teilweise umgebaut. In seinem Zentrum befindet
sich ein Bild, das 14 Märtyrer, die sogenannten Nothelfer darstellt: Achatius, Ägidius, Barbara, Blasius, Christophorus, Cyriacus, Dionysius, Erasmus, Eustachius, Georg,
Katharina, Margareta, Pantaleon, Vitus und die heilige Dreifaltigkeit. Auf diesem Altar befinden sich ebenfalls Skulpturen: der heilige Michael auf der rechten Seite und der
heilige Ignatius von Loyola auf der linken Seite, sowie fünf Engel. In dieser Kapelle befindet sich zudem oben erwähntes Bild Christus der gute Hirte aus dem Jahr 1641. Der Vater des Altarstifters,
Thomas Istel, legte den Fußboden mit Dielen aus.
Die vierte, südwestliche Kapelle wurde Mariä Himmelfahrt geweiht. Der Altar der Kapelle
aus der Spätrenaissance wurde am Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut. Er wurde im 18. und im 19. Jahrhundert umgebaut. Heute sind vier verzierte Säulen zu erkennen. In
diesem Altar befinden sich Skulpturen des heiligen Laurentius auf der rechten Seite und des heiligen Stephans (des Diakons) auf der linken Seite des Altars, beide entstanden
in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Über diesem Altar befinden sich folgende Skulpturen:
- eine Mutter Gottes der unbefleckten Empfängnis, stehend zwischen zwei kleinen
Engeln,
- und eine Brustskulptur des Gottesvaters, welche an die Figur des Kaplan Aaron erinnert.
Alle Skulpturen wurden in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts angefertigt. Auf dem Gesims des Altars befinden sich
gotische Hermen: die heilige Barbara auf der rechten Seite, die heilige Dorothea auf der linken Seite des Altars. Diese
entstanden bereits am Anfang des 16. Jahrhunderts. Wahrscheinlich entstammten sie dem Tryptichon des
Hauptaltars. Den Dielenfußboden in dieser Kapelle stiftete der Rosenberger Augustiner Gregor Istel (gestorben 1677, Bruder von Georg Istel, siehe oben).
In der fünften Kapelle hat man ein Bild der Mutter Gottes von Tschenstochau befestigt,
welches am Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden ist. Es handelt sich, künstlerisch betrachtet, um eine unbedeutende Imitation. Der Barockaltar wurde in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts gebaut und am Ende des 19. Jahrhunderts umgebaut. Teilweise ist eine noch aus dem 17. Jahrhundert stammende geschnitzte Dekoration mit
Knorpelmotiven erhalten. Aus dem gleichen Jahrhundert stammen auch die Skulpturen der heiligen Helena auf der rechten Seite und der heiligen Gertrud auf der linken Seite
des Altars. Innere Skulpturen stellen den heiligen Marcus und den heiligen Lukas dar. Auf dem obersten Teil des Altares befindet sich eine Skulptur der Mutter Gottes mit
Kind (erste Hälfte des 16. Jahrhunderts). Im unteren Teil des Altars befindet sich ein Basrelief der heiligen Dorothea (ebenfalls erste Hälfte des 16. Jahrhunderts), das im 19. Jahrhundert mit goldener Farbe
bemalt wurde. Die zwei letzten Werke entstammen wahrscheinlich dem Tryptichon des Hauptaltars. Auf dem Gebälk
des Altars der fünften Kapelle hat ein kleines aber wunderschönes Bild der Mutter Gottes mit Kind seinen Platz
gefunden, welches in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf einer Holztafel gemalt wurde. Dieses Werk ist
wahrscheinlich die Kopie des Bildes eines großen Meisters. Der Fußboden in der fünften Kapelle entstand durch die fleißige Arbeit des uns schon bekannten Rosenberger Einsiedlers Laurentius.
Die Stifter der Altäre in der vierten und fünften Kapelle sind heute unbekannt. Der Prozess der Ausschmückung der
Kirche hat wie gesagt relativ lange gedauert, weil man auf verschiedene Stifter angewiesen war. Die neue Kirche (der Rundbau mit den Kapellen) erhielt keine Bänke, um so mehr Pilgern Platz zu bieten.
In der gesamten Kirche befinden sich zwei Kanzeln. Eine steht im zentralen Rundbau und wurde am Ende des 17.
Jahrhunderts vom Einsiedler Laurentius erbaut. Am Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Kanzel umgebaut. Die zweite
Kanzel, eine Barockkanzel mit Skulpturen der Evangelisten, befindet sich im alten Teil der Kirche. Sie wurde am Ende
des 17. Jahrhunderts durch den zweiten Rosenberger Einsiedler namens Adam Slicki (gestorben 1723) gebaut. Die beiden Kanzeln wurden so verteilt, dass die Pilger immer eine gute Sicht auf den Predigenden hatten.
Im Jahr 1696 hatte der damalige Propst, Christoph Biadon (1693 –1708), zum ersten Mal
die Kuppel der Kirche renovieren lassen. Im nächsten Jahr (1697) wurden auf Initiative dieses Pfarrers alle fünf Kapellen mit Schindeln gedeckt. Das gleiche wurde mit dem
älteren Teil der Kirche gemacht. Rund um die alte Kirche und dem Durchgang wurde das Dach zum Sonnenschutz und zum Schutz vor Regen verlängert. Die nächste Renovierung
der Kirche erfolgte auf Initiative eine Mitglied des Kirchenrates, Martin Stoklosa, im Jahr 1699. Damals wurde unter anderem der Fußboden in der ganzen Kirche repariert.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts befanden sich an den Wänden der Kirche viele
Votivgaben frommer Pilger. Der Rosenberger Propst Andreas Pechenius verlangte im Jahr 1679, diese Gaben abzunehmen und zu verbrennen. Seiner Meinung nach entstellten all
die Kragen, Mützen, Tücher und Haarlocken die Kirche. Erhalten wurden nur 22 silberne Schilder, die aber bis zum heutigen Tag nicht auffindbar sind. Heute kann man noch die
oben beschriebenen Votivgaben (Fesseln, Stock und Hubertuskopf) sehen. Außer diesen dreien sind nur zwei Bilder erhalten, die sich im Durchgang befinden. Auf der westlichen Seite des Ganges befindet
sich ein etwas kitschiges Bild, welches im Jahr 1695 von einem Rosenberger Bürger namens Simon Voit zur
Erinnerung an ein weiteres Wunder gestiftet wurde: auf dem Pferd von Lublinitz reitend geriet er in einen Sumpf, was
sein sicherer Tod hätte sein können. Nur dank der wunderbaren Hilfe der heiligen Anna blieb ihm dieses Schicksal
erspart. Als Dank für die Lebensrettung stiftete er das Bild, welche auf eine recht infantile Art dieses Ereignis darstellt.
Das zweite, an der Ostwand des Durchgangs kurz vor dem Aufgang zur Kanzel hängende Bild entstand am Anfang
des 18. Jahrhunderts. Das Bild stellt eine Allegorie des Todes Christie dar: sichtbar in den Symbolen Seines
Martyriums, die sich auf sieben Medaillons befinden. Schauend auf die Figur des Christus kommen jedem Beobachter
die Worte des Pilatus ins Gedächtnis: “Ecce homo”. Genauso könnte man dieses Bild nennen. Sein Stifter ist nicht
bekannt. Eine weitere Votivgabe ist der Abguss der Hand der kleinen Anna. Dieser Abguss wurde an der Reliquie der
heiligen Anna gerieben. Die Votivgabe befindet sich jetzt auf der Umbauung der Kiefer hinter dem Altar.
Eine andere Form der Stiftung waren Schenkungen zugunsten der Kirche. Der Rosenberger Jakob Klossonowitz
(gestorben 1683), der eine höhere Position in der kirchlichen Hierarchie bekleidete, schenkte z.B. recht oft dieser
Kirche verschiedene Gegenstände unter anderem: Priesterornate, ein aus Silber kunstvoll getriebenes Kreuz und
mehrere Leuchter. Dieser Priester gab auch ein Legat für eine regelmäßige Messe, die in der Kirche gelesen wurde.
Jakob Klossonowitz war ein Freund des päpstlichen Legaten Torres (gestorben 1692). Dieser bemühte sich stark
darum, die Reliquien der heiligen Anna aus ihrem Grab in Jerusalem nach Rosenberg zu bringen. Teile der sterblichen
Überreste dieser Heiligen kamen in der Zeit des Propstes Georg Czekala zusammen mit dem Finger der heiligen Klara nach Rosenberg.
Ein anderer Wohltäter der Kirche ein Rosenberger, der Pfarrer von Rachowitz bei Gleiwitz mit Namen Jan Jelizik
(gestorben 1690), der dieser Kirche einige Taler aus seinem Zehnt schenkte. Einige kleine silberne Löffel (für
Weihrauch), eine Schlüssel zum Händewaschen, ein Kreuz und zwei silberne Maßkrüglein sowie einen großen
silbernen Kelch mit Patene (Hostienteller zur Darreichung des Abendmahlsbrotes), welcher teilweise vergoldet Geld war, schenkten die Rosenberger Augustiner der Kirche.
Nördlich von der Kirche befand sich eine Einsiedelei (auf dieser Stelle befindet sich heute das Gebäude der
Rosenberger Oberförsterei). Dort wohnte ab Frühling 1675 der Einsiedler Laurentius Chylek. Dieser baute eine Kanzel
und zwei Beichtstühle für die Annakirche, die noch bis heute erhalten sind. Um deren Anstrich kümmerte sich mit
einer Ausgabe von drei Schlesischen Talern ein Rosenberger namens Simon Hamin. Laurentius starb am Sonntag, den
24. Februar 1697 im Rosenberger Hospital, in welches er in halb erfrorenem Zustand gebracht wurde. Seine sterblichen
Überreste begrub man in der St. Anna Kirche an der Stelle, wo sich heute der Altar befindet, welcher dem heiligen
Valentin geweiht ist. Von diesem Grab gibt es heute keine Spuren. Ab dem Jahr 1699 zog in die Einsiedelei Adam
Slicki ein, der den Rosenberger Bürgern während der Pestepidemie im Jahr 1708 half. Dieser starb am 22. Dezember
1723. Die Einsiedelei, die von Laurentius erbaut wurde, war danach eine Wohnung für jeden Küster, der sich um die St.
Anna Kirche kümmerte. Aus diesem Grund baute man das Gebäude im 18. Jahrhundert um und vergrößerte es.
Gemäß dieser Tradition wurden von daher alle Küster “Einsiedler” genannt. Das Gebäude hat man erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts abgerissen.
Im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts versprach die Frau eines Rosenberger Bürgers namens Georg Czerski, der
in Sterben lag, diesem, daß sie zwei Türen für die Sakristei schenken würde. Das tat die Witwe, Maria geb. Blazik,
nach dem Tod ihres Mannes auch. Die neue Sakristei, für die diese Türen bestimmt waren, erbaute man erst im Jahr
1707. Das Datum ist auf einem Balken, der sich über den Türen der Sakristei befindet, eingeritzt. Die Sakristei ist sehr
groß, weil sie bei der Feier vieler verschiedener religiöser Feste in ihrem Inneren eine große Anzahl von Geistlichen
beherbergen soll, die zu der Kirche kommen. Über der Sakristei befindet sich eine Loge (ein Chor) mit Sicht auf die Kiefer und den Hauptaltar. Zu ihre gelangt man nur von außen über eine Treppe.
Im Jahr 1753 bestätigte und segnete der Papst Benedikt XIV. (1740 – 1758) die Brüderschaft der heiligen Anna in
Rosenberg. Im Mitgliedsbuch dieser Bruderschaft befinden sich ca. 2.640 Namen (bis 1836). Im Jahr 1812 erhielt die
Parafialkirche (des heiligen Michael) ein Geschenk in der Form einer Orgel aus dem ehemaligen Franziskaner Kloster
in Namslau (säkularisiert im Jahr 1810). Diese Orgel hat man an Stelle der alten aufgebaut. Die Schenkung betraf
dadurch auch die heilige Anna Kirche, weil das alte Orgelpositiv in der Michaelkirche zu der Anna Kirche umgesetzt
werden konnte. Man stellte dieses nicht auf den Chor, weil es der ganzen Kirche dienen sollte. Der beste Ort für das
Instrument fand sich gegenüber dem Verbindungsgang zwischen alter Kirche und Rose an der nördlichen Wand des Altbaus.
Die nächste Renovierung der Kirche wurde von Propst Valentin Morawiec (1872 – 1891) im Jahr 1873 durchgeführt.
Damals hat man alle Wände mit grüner Farbe bestrichen und den Hauptaltar umgebaut. Das wurde auf der hinteren
Wand des Hauptaltars aufgeschrieben; im Original lautet die Nachricht folgendermaßen: “Der Altar ist erneuert u. die
Wände der Kirche mit Ölfarbe bemalt von X F. W. Morawicz im Jahre 1873”. (Diese Nachricht gefiel dem Pfarrer Józef
Niesłony (1945 - 1957) nicht, darum wurde sie nach 1945 übergestrichen. Während der Renovierungsarbeiten, die
durch den Pfarrer Morawiec durchgeführt wurden, hat man in der Kirche viele Veränderungen vorgenommen, unter
anderem wurde das Triptychon mit einem neugotischen Rahmen versehen. Die vorher beweglichen Seitenteile wurden
dadurch unbeweglich. Und die Bilder der Seitenteile wurden liturgisch falsch zusammengebaut (siehe oben). Man
baute auch die Altäre der dritten und vierten Kapelle um und ergänzte sie um die Skulpturen, die von dem Hauptaltar
abgebaut wurden. Im Jahr 1880 mußte Pfarrer Morawiec ein Gitter rund um die Kiefer bauen lassen, um sie vor
frommen Zerstörern zu schützen (dieses Gitter wurde im 20. Jahrhundert abgebaut, und die Kiefer wurde wiederum mit hohen Brettern umbaut).
Südlich der Kirche im Abstand von 50 Metern befindet sich eine kleine gemauerte Kapelle, in
welcher der Hauptaltar südlich orientiert ist. Sie wurde im neugotischen Stil im Jahr 1880 durch den evangelischen Baron von Reisewitz aus Wendrin erbaut, der aus Dank für seine
wundersame Heilung von einer teilweisen Lähmung zum Katholizismus übertrat.
Rund um die Kirche befindet sich ein Friedhof, auf welchem die sterblichen Überreste von
Bewohnern Rosenbergers und der naheliegenden Dörfer beigesetzt sind. Dieser Friedhof existiert seit über 450 Jahren und war ursprünglich der Beerdigungstort für die Bewohner von
einem Teil Rosenbergs, von Klein Borek, Bronietz, Lowoschau, Szywald und Albrechtsdorf. Noch heute kann man dort mehrere hundert Jahre alte Gräber sehen.
Kirche, Kapelle und Friedhof sind von einem Zaun umgeben, in dem 14 gemauerte Kapellen (gemäß dem
Passionsweg) eingefügt wurden. Diese Kapellen wurden im neugotischen Stil am Ende des 19. Jahrhundert
wahrscheinlich auf Initiative des Pfarrers Morawiec erbaut. In jeder Kapelle, die jeweils einen Fensterladen zu ihrem
Schutz aufweist, befindet sich ein Ölbild mit einem Passionsmotiv. In der gleichen Zeit und im gleichen Stil wurde eine
Leichenhalle gebaut, die man heutzutage “Häuslein” oder “Abendmalhäuschen” nennt. In diesem Häuslein können sich
ermüdete Priester erfrischen und etwas zu sich nehmen (selbstverständlich nur während des Ablasses). Bei der alten Leichenhalle beginnen und enden die Stationen des Kreuzweges.
Im Jahr 1902 befestigte man auf einem kleinen Türmchen der Kirche eine neue Glocke, weil die frühere Glocke in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert zerstört wurde. Diese Glocke hat einen Durchschnitt von 30,5 cm und einen
Umfang von 95,5 cm. Die nächste Renovierung der Kirche erfolgte dann im Jahr 1904 durch den Pfarrer Bruno
Alexander (1902 – 1916). Zwei Weltkriege haben diese Kirche verschont, obwohl 1945 die Sowjetsoldaten in der Mitte
der Kirche ein Feuer entzündeten. Der erste Pfarrer nach dem Krieg, Józef Niesłony (1945 – 1957), weihte am 12. Mai
1957 alle Glocken dieser Kirche neu. Neben der ältesten aus dem Jahr 1606 und der kleinsten aus dem Jahr 1902
wurde auch eine weitere Glocke (gegossen im Jahr 1957) geweiht. Der Durchmesser der neue Glocke beträgt 58 cm,
der Umfang 180 cm und das Gewicht ca. 220 kg. Die Glocke trägt die Inschrift “Sta. Anna Ora pro nobis A 1957 D”.
Die Generalrenovierung der Kirche wurde durch den Pfarrer Gustav Łysik (1957 – 1968)
im Jahr 1958 durchgeführt. Die Renovierungsarbeiten fanden unter der Aufsicht des Rosenberger Zimmermeisters Jan Kus statt. Die Konservierung wurde in der ersten Hälfte
des Jahres 1959 beendet. Nach Ostern des Jahres 1964 wurde in der Kirche elektrisches Licht installiert. Der folgende Pfarrer, Anton Kaleja (1969 – 1983), ließt Blitzableiter
anbringen und begann den Bau eines Feldaltars. Die drei zum Schluß genannten Pfarrer fanden ihre letzte Ruhe auf dem Friedhof rund um die von ihnen geliebte Kirche. In der
Zeit des jetzigen Pfarrers, Zbigniew Donarski, beendete man den Bau des Feldaltares und strich das Dach und die Außenwände sowie die Türme neu.
Wie gesagt: In der Nacht vom 19. zum 20. August 1994 wurde das Triptychon des Hauptaltars gestohlen.
Das war die Geschichte der Wallfahrtskirche St. Anna, die ein bis heute von vielen
frommen Pilgern besuchtes Kleinod Schlesischer Holzkirchen darstellt.
Andreas Pawlik
Das erste Bild entstammt der Homepage www.olesno.pl. Die anderen Bilder stammen von Mirosław Dedyk
(www.republika.pl/dedyk), bei dem ich mich auf diesem Wege herzlich bedanke.
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