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Erinnerungen an Landsberg O/S

Auch heute noch, Jahrzehnte nachdem ich das Städtchen an der Prosna verlassen habe, denke ich mit Wehmut an diesen Ort zurück. Was war es für eine schöne Zeit, eine Freude hier leben zu können. Der Weg zur Schule, zur Kirche, die Einkäufe in den verschiedenen Geschäften, die Menschen die man kannte und grüßte, all das ist mir noch deutlich in Erinnerung. Auf den meisten Straßen konnten wir noch Ball spielen, den Kreisel tanzen lassen und mit Holzschwertern Schlachten austragen. Im Sommer bot die Prosna Badegelegenheiten, die sog. Stellen 33 oder 66 waren dafür besonders geeignet. Die Nummerbezeichnung sagte etwas über die Wassertiefe aus. Die 22, hier ging das Wasser uns Kindern nur bis an die Knie, nannten wir Mutstelle. Mutstelle deshalb, weil der Fluss an dieser Stelle die deutsch-polnische Grenze bildete. Ein beliebtes Spiel war das: “Wer traut sich an das polnische Ufer?" Passiert ist dabei Niemandem etwas, und die russischen und später polnischen Grenzposten ließen die Kinder ruhig gewähren. Es genügte meistens ein energischer Zuruf des Grenzbeamten, und die Kinder stürmten zurück auf die deutsche Seite. Später wurde auch in den Kanälen gebadet. Die Badeanstalt, auch so etwas gab es, wurde kaum genutzt, sollte man dort doch fünf Pfennig Eintritt bezahlen. Doch nicht nur Badegelegenheiten bot der Fluss, wir konnten dort auch angeln und Krebse fangen. Vier bis sechs Buben zogen dann über die Wiesen, um die Köder für die Krebse, nämlich Frösche, zu fangen. Dass die Besitzer der Wiesen uns nicht gern sahen und wir häufig verjagt wurden, kann ich heute verstehen. Eine halbe Stunde später waren wir wieder da. Die Prozedur des Fanges und die Aufbereitung der Köder will ich hier nicht beschreiben. Naturschützer würden uns heute den Kadi auf den Hals hetzen.

Der Wald war nicht ganz nahe, doch er forderte immer wieder zum Besuch auf. Wir suchten die Pilze nach dem Motto: “Wer findet die meisten?". Es gab eine Vielzahl von guten aber auch giftigen Arten, und die wurden dann meistens von Mutter aussortiert. Auch Beeren wurden eifrig gesammelt; neben Heidel-, Preisel-, Him-, und Brombeeren bot der Wald vieles mehr. Auch der Winter hatte für uns viele Möglichkeiten, die wir nutzten: Schlittschuhlaufen, Rodeln, selbst Ski fahren konnten wir und nicht zu vergessen das Anhängen unseres Rodelschlittens an einen Bauernschlitten, der in die Stadt oder heraus fuhr. Eine besondere Erinnerung habe ich an die überschwemmten Wiesen, die im Februar bis in den März hinein für kurze Zeit zu einer fast unbegrenzten Eisbahn wurden. Hier war ich zu Hause. In Gedanken bin ich es immer noch. Wurde ich später gefragt woher ich komme, antwortete ich voller Stolz: “Aus der kleinsten Stadt Oberschlesiens, aus Landsberg O/S!"

Felix Lippa (Rosenberger Kreisblatt – Unser Oberschlesien Nr. 2/2002)

Späte Neugier nach meinen Wurzeln in Rosenberg

Mein Vater wurde als 10. Kind einer Rosenberger Unternehmerfamilie 1921 geboren. Er verbrachte seine Kindheit in Rosenberg. Über seine Hobbys in seiner Kindheit und frühen Jugend ist mir leider nicht viel bekannt. Ich weiß nur aus seinen Erzählungen, daß er keinen besonderen Ehrgeiz in der Schule entwickelte. Als ich einmal das Gespräch anläßlich eines Jahrestages der Reichskristallnacht auf seine Erfahrung mit Mitmenschen jüdischen Glaubens lenkte erzählte er mir immer noch tief berührt, daß der Vater eines Schulfreundes eine Metzgerei in Rosenberg hatte. Als die Schulkinder mittags von der Schule nach Hause gingen, kamen Sie am Metzgerladen vorbei, wo die Reichskristallnacht offensichtlich mit einiger zeitlicher Verzögerung erst am Vormittag des folgenden Tages stattgefunden hatte. Die Schaufensterscheibe war zerschlagen und die Metzgerei war verwüstet. Dieses Vorkommnis hat die jungen Menschen aufgerüttelt und nachdenklich werden lassen. Ich glaube das hat nachhaltige Spuren im weiteren Werdegang dieser Jungen hinterlassen. Mein Vater absolvierte eine Kaufmannslehre in einer Eisenwarenhandlung (ich denke in Rosenberg).

Als dann der Krieg begann war mein Vater gerade 18 Jahre alt und mußte zur Wehrmacht. Er kam nach Russland. Hier lernte er meine Mutter, die als Funkerin und waschechtes Würzburger Frankenmädel in Wilna und in Pleskau (Russland) für Kriegszwecke eingesetzt wurde, kennen. Nur ganze zwei mal hatte meine Mutter Gelegenheit während eines Urlaubs meine Oma und meinen Opa in Rosenberg kennenzulernen. Wie das Leben spielte fanden sich meine Eltern bei Kriegsende in Flensburg, im hohen Norden der späteren BRD. Deutschland war zu diesem Zeitpunkt in 4 Zonen gegliedert. Die britische Besatzungszone (das war Norddeutschland), die amerikanischer Besatzungszone (Süddeutschland), die französische Besatzungszone (Baden- Württemberg und Saarland) und sowjetische Besatzungszone (die spätere DDR). Diese Zonen (auch die drei West- Zonen) durften nicht überschritten werden. So war zunächst Geduld angesagt bis das frisch vermählte Paar die südliche Sektorengrenze übertreten durfte. Dann hat man die Heimatstadt meiner Mutter erreicht. Hier in Würzburg wurde ich dann 1948 geboren.

Mein Vater war zu sensibel um schnell heimisch zu werden. Hier wurden Flüchtlinge als Menschen zweiter Klasse angesehen und auch so behandelt. Es waren die Neger der Nachkriegszeit. Flüchtlinge aus dem Sudetenland waren auf Grund der räumlichen Nähe zu Ihrer alten Heimat zahlreicher vertreten und errichteten in kleineren und größeren Gruppen viele Siedlungen und waren somit unter sich. Mein Vater hatte offensichtlich großes Heimweh und zog eine Rückkehr samt Familie in seine Heimat ernsthaft in Betracht.

In einem mir vorliegenden Brief beschwor meine Oma im Jahre 1948 Ihren Sohn diese Idee sofort aufzugeben, da er ja kein Wort polnisch sprach und auf der Straße deutsch sprechende Personen sofort verhaftet würden. Alle Ihre Kinder befanden sich seit Kriegsende in Westdeutschland. Meine Großeltern bewiesen auf Grund dieser Tatsache enormen Weitblick, denn ein Nachfolger für Ihr Betonwerk wäre sicher willkommen gewesen. Es war schließlich nicht nur Ihr Lebenswerk sondern auch das Ihrer Vorfahren. Mein Großvater verstarb im Jahre 1955. In diesem Jahre hat mein Vater das erste Einreisevisum beantragt. 1956 war es endlich so weit. Mein Vater konnte zusammen mit mir das erste mal nach über 12 Jahren nach Hause reisen und seine Mutter wieder in die Arme nehmen. Wir fuhren mit dem Bus über Prag nach Königgrätz dort übernachteten wir. Am nächsten morgen fuhren wir durchs Adlergebirge bis nach Breslau. Dort kamen wir mittags an. Obwohl ich damals erst 8 Jahre alt war kann ich mich an nie vorher gesehene Bilder erinnern. Die Straßenbahnen in Breslau waren noch am Wagenvorderteil und am Wagenende mit offenen Einstiegsplattformen ausgestattet. Hierauf standen Menschen so dicht gedrängt, daß Sie sich fast erdrückten. Ganze Menschentrauben hingen an den Haltestangen und versuchten auf dem Trittbrett halt zu finden als sich die Straßenbahn in Bewegung setzte.

In Rosenberg angekommen spielte ich oft mit 2 Buben aus der Nachbarschaft und obwohl ich Sie genau so wenig verstand wie Sie mich hatten wir miteinander viel Spaß. Ich kann mich erinnern, daß ich bei unseren Streifzügen vom Elternhaus meines Vaters am ul. Kosciuszki in Richtung Ring öfters von Leuten als deutsches Kind erkannt wurde und auf der Straße angesprochen und danach gefragt wurde wo ich denn zu Besuch sei. Ich lernte bei diesem Besuch Orangade kennen. Zu Hause gabs es nur Sprudel oder Saft. Auf der Herdplatte geröstetes Schwarz- oder Mischbrot kannte ich nur als Toast (Weißbrot). Auch gesalzene Butter war für mich ganz neu. Die schmeckte mir in Verbindung mit Marmelade überhaupt nicht. Oma hat mir erklärt, daß die Butter so haltbar gemacht wird. Oma ließ jedoch sofort frische Butter besorgen und konnte, ich glaube Ihren einzigen Enkel den Sie je zu Gesicht bekam, sofort zufriedenstellen. Diese 14 Tage vergingen wie im Fluge und am Abend vor unserer Rückreise hat eine Musikkapelle aufgespielt. Ich kann mich noch heute an “ Muß i´ denn zum Städtele hinaus” erinnern.

Oma erkrankte im Jahre 1961 und mein Vater bekam im Konsulat in Berlin ein Visum, traf aber erst einen Tag nach Ihrem ableben in Rosenberg ein.

Mein Vater betraute einen Rosenberger Notar mit der Abwicklung der Erbschaftsangelegenheit. Es wurde ein Treuhänder eingesetzt. Dieser hat es verstanden Grundstücke in einer Gesamtgröße von fast 15.000 qm auf Grund eines 1971 in Kraft getretenen Gesetzes zu veruntreuen. Mein Vater erhielt aber bis zu seinem Tode im Jahr 1993 hiervon keine Kenntnis.

Nach dem Tod meines Vaters mußte ich als Erbe zum Nachlaßgericht. Dort antwortete ich auf die Frage nach weiterem Grundvermögen wahrheitsgemäß, daß Grund in Oberschlesien meinem Vater gehörte. Die Beamtin holte sofort ein Formular und erfragte weitere Angaben die Sie akribisch in Ihr Formblatt eintrug. Als ich zu einem der Punkte keine genauen Angaben machen konnte wurde Sie pampig. Hierauf erwiderte ich, Sie möge doch im Rechtshilfeersuchen mit den betreffenden polnischen Dienststellen die gewünschten Daten einholen. Sie stieß einen Laut aus der sich wie “eäääh !” anhörte. Was war passiert ? Sie vermutete Oberschlesien in den neuen Bundesländern und hätte das Formular gar nicht ausfüllen brauchen. Ihr Originalkommentar: “Heute müssen Sie noch keine Nachlaßsteuer dafür bezahlen, ....aber wenn sich etwas ändert müssen Sie das melden”. Das hätte ich in bundesdeutschen Amtsräumen wahrlich nicht für möglich gehalten. Auf dem Heimweg lies mich der Gedanke nicht mehr los was Sie denn gemeint haben könnte. Ich kam zu dem Schluß Sie kann nur die Wiedervereinigung im Sinn gehabt haben. An diesem Tage habe ich mir vorgenommen die Heimat meines Vaters zu besuchen.

Es dauerte aber über 5 Jahre bis ich meinen Entschluß umgesetzt habe. Ich lies mich von Zauderern unterschwellig beeinflußen. Meine Frau war bereit mit mir nach Italien oder Spanien zu fahren aber nicht nach “Polen”. Ein Oberschlesier aus meinem Freundeskreis der 1990 in die BRD übersiedelte erzählte mir, daß er Angst hätte mit seinem neuen PKW über die polnische Autobahn zu fahren. Er fürchtete bei den Schlaglöchern seinen Wagen zu ruinieren. In Kattowitz angekommen hatte er selbst im verschlossenen Hof bedenken sein Auto könnte gestohlen werden.

Ich war also auf mich alleine gestellt und mir mangelte es an Entschlußkraft. Im August 1998 überkam mich ein nicht gekannter Tatendrang und ich fuhr unvorbereitet und recht mit dem alten 82er Golf Diesel meiner Frau ostwärts. Als ich nach einem ganzen Tag Fahrt abends um 19 Uhr in Rosenberg vor dem Hotel Olesno ankam, von der Reise genervt, stellte ich mich vor dem Eingang zwischen einem dicken Daimler und einem 7 er BMW. Da passte mein alter, selbst schwarz gespritzter Golf mit schönen türkisgrünen Felgen genau hin. Kurz darauf an der Rezeption wurde ich gefragt ob ich reserviert hätte, dies musste ich verneinen. Nach einigem hin und her wurde mir ein Zimmer für eine Übernachtung zugestanden. Kreditwürdiger war ich mit diesem alten Fahrzeug offensichtlich nicht.

Nach dem vorzüglichen Abendessen bat ich darum meine Rechnung fertigzumachen damit ich gleich bezahlen konnte. So konnte ich am nächsten Tag Zeit einsparen. In Anbetracht der für uns recht günstigen Preise habe ich ein angemessenes Trinkgeld gegeben. Am nächsten morgen stand ein Hotelmitarbeiter an meinem Frühstückstisch und erklärte mir, es hätte sich etwas geändert ich könne das Zimmer auch länger haben. Dies nahm ich natürlich gerne an, denn es ersparte mir die Suche nach einem anderen Quartier. Ich schaute mir dann Rosenberg und seine Umgebung an. Am Nachmittag fuhr ich dann nach Tschenstochau und besichtigte die Marienwallfahrtskirche. Am nächsten Morgen, nach einem ausgiebigen Frühstück, machte ich mich auf den Weg ins Gericht um dort Einblick in das Grundbuch zu nehmen. Im Erdgeschoß standen vor sämtlichen Zimmern relativ viele Leute und der Infotafel in polnischer Sprache konnte ich nicht im entferntesten entnehmen wo ich mich anstellen mußte. Ich dachte mir “Oh nein” und ging auf die Straße hinaus. Dort an der frischen Luft überlegte ich mir weshalb ich über 800 km hierher gefahren war und dann kneife.

Ich machte kehrt und ging zurück ins Gericht. Ich stellte mich erneut vor einem Zimmer wo nur noch eine Frau wartete an. Ich wurde rasch eingelassen und hatte das Glück genau im Grundbuchamt gelandet zu sein. Die Mitarbeiterin war sehr zuvorkommend und freundlich. Als es Verständigungsprobleme gab wurde sofort eine deutschsprechende Kollegin gerufen. Ich konnte natürlich nur das Grundstück auf dem das Wohnhaus meiner Oma stand benennen. Als ich nach der Katasternummer des Grundstückes gefragt wurde musste ich passen und konnte nur darauf hinweisen, wenn man aus dem Fenster des Gerichts sah, liegt das Grundstück an der nächsten Kreuzung. Das war den zuständigen Damen allerdings nicht genug. Ich wurde darauf verwiesen mir am Rathaus im Katasteramt die Nummer zu erfragen. Nach einem kurzen Spaziergang war ich im Rathaus angekommen. Ich versuchte mich dort mitzuteilen – nur mich verstand niemand. Es wurde eine Kollegin die besser Deutsch spricht gerufen. Diese konnte aber infolge von Verständigungsschwierigkeiten auch nicht helfen. Mir gelang aber dennoch an die benötigte Nummer zu kommen, denn eine weitere Beschäftigte im Rathaus sprach so gut deutsch, so daß ich in das entsprechende Zimmer geführt wurde. Auffällig war, daß alle Behördenmitarbeiter äußerst freundlich und zuvorkommend auftraten. Ich hätte mich jedenfalls nicht gewundert, nachdem was ich bisher über Dritte erfahren hatte, wenn die Leute mit denen ich zu tun hatte reservierter aufgetreten wären. Mir war diese Aktion schon fast peinlich, denn ich hatte ernste Bedenken die Produktivität des Rathauses lahmzulegen. Ich kam gerade rechtzeitig zur Mittagspause am Gericht an und hielt der Mitarbeiterin meinen Zettel mit der Katasternummer entgegen. Freundlich wurde mir erklärt, daß man nun schließen würde und nachmittags kein Parteiverkehr stattfindet. Meine Einlassung, daß ich am nächsten Tag bereits abreisen würde kam man in sehr freundlicher Form entgegen und nahm sich die Zeit mir weiterzuhelfen. Das fand ich schon sehr bemerkenswert, denn bei Behörden in Deutschland wäre das kaum möglich gewesen.

Am Nachmittag suchte ich dann auf dem Friedhof nach dem Grab meiner Großeltern. Soviel deutsch sprechende Leute wie dort findet man ansonsten höchstens in Deutschland.

Das Grab war schnell gefunden. Obwohl es von meterhohem Unkraut überwuchert war und ich zwei Stunden zu tun hatte es in einen einigermaßen akzeptablen Zustand zu bekommen. Da wurde offensichtlich, daß auch vom Notar beurkundete Vereinbarungen das Papier nicht wert sind auf dem Sie geschrieben sind. Hier war die Pflege und der Unterhalt festgelegt.

Was mir bei diesem ersten Besuch auffiel war, daß die von meinem Vater gerühmten schlesische Spezialitäten nur schwer zu bekommen sind. Wo kann man schlesischen Mohnkuchen in Rosenberg kaufen ?

Auf der Heimfahrt haben mir in der Nähe der Grenze zwei polnische Jungs die Windschutzscheibe geputzt. Ich hatte noch 10 Zloty in der Geldbörse und dachte mir jetzt bin ich mal großzügig gibst Ihnen den Schein. Ich dachte nicht richtig zu hören als die Burschen einen zweiten 10 Zloty-Schein forderten mit der Begründung Sie hätten ja zu zweit geputzt (2 Minuten). An den grenznahen Tankstellen ist man auch nicht immer ganz ehrlich und man versucht offensichtlich deutsche Kunden über den Tisch zu ziehen indem man versucht nach meinen Erfahrungen und Beobachtungen höhere Beträge zu kassieren als die Zapfsäule anzeigt. Bei einem späteren Versuch hatte man die Zapfsäule nicht auf null zurückgestellt. Ich konnte den Tankwart darauf hinweisen noch nicht getankt zu haben. Der hinter mir stehende Autofahrer tankte, wie mein Sohn beobachtet hatte, obwohl die Zapfsäule nicht auf Null gestellt war. Dies sollte man allerdings nicht als typisch polnisches Verhalten werten wie es immer häufiger u. a. in der Gazetta Oleska geschrieben steht. Solche Betrügereien passieren täglich an allen Ecken der Welt. Man sollte hier sehr vorsichtig sein bevor man sein eigenes Nest beschmutzt. Es könnten ja auch deutschstämmige unter den Räubern sein. Gefährlich ist die Tatsache, daß hier im Westen von den meisten Menschen nicht zwischen Schlesiern und Polen unterschieden wird. Aus der Sicht vieler Westbürger sind in Polen lebende Schlesier nämlich auch Polen.

Ich hatte dann ein halbes Jahr Zeit mich bis Pfingsten 1999 auf meine nächste Reise vorzubereiten. Diesmal konnte ich meine Frau überzeugen mitzukommen. Auch hinsichtlich des Essens konnte ich Sie überzeugen, daß es auch nicht anders schmeckt als bei uns zu Hause.

Die Tage in Rosenberg haben Ihr so gut gefallen, daß bei meinem 3. Besuch im August 1999 mein damals 15 jähriger Sohn mitkam. Er war vom Essen im Hotel sehr angetan. Wir waren mit ihm noch in Tschenstochau und Kreuzburg. Auch er fährt bei nächster Gelegenheit wieder mit nach Oberschlesien.

Bei meinem dritten Besuch führte mich mein Weg zur Friedhofsverwaltung. Gebühren fürs Grab meiner Großeltern wurden schon seit mehreren Jahren nicht mehr bezahlt und das Grab befand sich kurz vor der Auflassung. Angehörige konnten angeblich nicht ermittelt werden.

Meine Heimfahrt am Dienstag nach Pfingsten 2000 endete vorläufig in Oppeln. Nachdem ich am Vortag aussetzer meines Motors bemerkte lies ich mir in Rosenberg in einer Werkstatt neue Zündkerzen einschrauben. Danach lief der Motor absolut rund. Am folgenden Tag, kurz vor Oppeln wurde der Motor sehr heiß. Ich steuerte die nächste ausgeschilderte Werkstatt an. Man war sehr bemüht konnte mir aber nicht helfen. Man hat dort den Ventilator überbrückt und die Motortemperatur ging sehr schnell herunter. Aber eine längere Strecke sollte ich keinesfalls mit dem Wagen zurücklegen. Auch wollte man für die Hilfe keine Bezahlung. Nachdem ich den 3 Kfz- Mechanikern 20 Zloty Trinkgeld gegeben hatte, machten Sie mir verständlich ich möchte dem Kollegen hinterherfahren. Er brachte mich zur VW- Niederlassung. Dort wurde mir die Diagnose bekanntgegeben. Die Zylinderkopfdichtung defekt. Die Reparaturdauer sollte voraussichtlich 3 Tage dauern.

Da ich nach Hause mußte, bat ich darum mir ein Taxi zu bestellen. Der junge Mann in der Reparaturannahme sagte mir in bestem deutsch er würde sich für mich in einem Reisebüro nach einer günstigen Fahrtmöglichkeit erkundigen. Der erste Bus war allerdings gerade abgefahren und der nächste sollte erst um 18 Uhr abfahren. Ich zog es vor doch mit der Bahn nach Hause zu fahren. Das wurde zum teuren Vergnügen. Nachdem ich dann nochmals Geld umgetauscht hatte kaufte ich mir am Oppelner Bahnhof  2 Fahrkarten bis Berlin. Mir war klar, daß ich einen Umweg von etwa 300 km zurücklege um in meine Heimatstadt Würzburg zu kommen. Ich lies mich aber davon leiten, daß ich über Berlin schneller nach Hause komme als über Prag. Zumal nach Berlin IC- Wagen eingesetzt wurden. Im Nachhinein war das keine so gute Idee. Denn 1. hatte der Zug über eine Stunde Verspätung; 2. Wurde ich offensichtlich beim Kauf der Fahrkarten beobachtet; 3. Nachdem wir dann im Abteil Platz genommen hatten und der Zugschaffner zur Fahrkartenkontrolle ins Abteil kam, waren die Tickets meiner Frau aus Ihrer verschlossenen Tasche gestohlen worden; 4. Musste ich dann nachlösen. Die Gesamtkosten für die Zugfahrt über Berlin nach Würzburg betrugen fast DM 1000.— und zu Hause angekommen sind wir auch erst am nächsten Morgen kurz vor 3 Uhr. Mit dem Bus hätte die Fahrt für 2 Personen ca. DM 150.— gekostet und wir wären um 6 Uhr morgens angekommen.

Dafür konnte ich dann 10 Tage später nochmals nach Schlesien fahren um mein repariertes Auto wieder abzuholen. Bei einer Rosenberger Familie, die ich bei meinem zweiten Aufenthalt kennenlernte konnte ich bei dieser Gelegenheit auch nochmals vorbeischauen und mein Versprechen Salatkräuter aus Deutschland mitzubringen schneller einlösen als ich gedacht hatte.

Dies war meine bisher letzte Fahrt nach Oberschlesien. Der nächste Rosenberg- Aufenthalt ist aber bereits für Pfingsten 2001 geplant. Mein Schwager und meine Schwägerin werden uns begleiten, nachdem Sie zur Abholung des reparierten Autos mitkamen wurde Ihre Neugierde geweckt und Sie freuen sich schon jetzt darauf Breslau zu erkunden.

Falls ein Leser zu der geschilderten Grundstücksangelegenheit Informationen hat bzw. Auskünfte benötigt, oder über ähnlich gelagerte Fälle Kenntnis hat, würde ich mich über eine Kontaktaufnahme freuen. Über jede Mitteilung die meine Vorfahren betreffen wäre ich dankbar. Vielleicht kann sich jemand an den Betrieb meiner Grosseltern erinnern. Es wurden Betonwaren und Ziegel hergestellt. Was meine Wurzeln in Oberschlesien betrifft bin ich fast so ahnungslos wie ein neugeborenes Kind.

Meine Adresse: Peter Steinhardt, Lindentalstrasse 50, 97209 Veitshöchheim

Als Ministrant in der Dreifaltigkeitskirche zu Landsberg

Die Landsberger Dreifaltigkeitskirche ist ein imposanter Bau im neugotischen Stil. Eingeweiht wurde er 1895, nach einer anderen Quelle 1894. Die 100-Jahrfeier fand im September 1995 statt. Zur Pfarrkirche gehörten zwei Filialkirchen: in Weidental/Jamm und in Josefshöhe/Koselwitz. Seit 1933 war Pfarrer Moschek in Landsberg, dazu jeweils ein Kaplan und bei feierlichen Hochämtern half ein Franziskanerpater. Im Frühjahr 1938 fragte meine Tante Klara, ob ich nicht Ministrant werden wolle. Eigentlich hatte ich mich noch nie mit diesem Gedanken befasst, nun, plötzlich und unerwartet, sollte ich mich für etwas entscheiden, was ich nur vom Besuch der Gottesdienste kannte. Roten, grünen violettfarbenen Chorrock tragen, weißes Chorhemd, die Glöckchen während der Messe zur Opferung, zur Wandlung läuten, das Rauchfass schwingen, all das könnte ich tun, ging es mir durch den Kopf. Ich sagte zu, und so wurde ich im April 1938 Ministrant der katholischen Pfarrkirche zu Landsberg. Eine Woche nach meiner Zusage wurden die Ministranten, altgediente und Neuzugänge in die Sakristei bestellt. Hier empfing uns der Kaplan Anton Lischka und wies auf die Bedeutung des Amtes hin. Danach drückte er den Neuen das Stufengebet in Form von zwei Papptafeln, die Texte waren in lateinischer Sprache gehalten, in die Hand. „Wo Ministri steht das ist euer Gebet, das müsst ihr auswendig lernen“. In den nächsten vier Wochen trafen wir uns regelmäßig. Der Kaplan prüfte unsere Kenntnisse im Stufengebet, korrigierte, wo es notwendig war. Zwei altgediente Ministranten gingen anschließend mit uns an den Altar. Hier wurde uns gezeigt, was alles während der Messe von den Ministranten getan werde musste. Anfang Mai durfte ich erstmals auf der linken Altarseite ministrieren. Auf der linken Seite deshalb, weil der Ministrant hier weniger Aufgaben zu erledigen hatte. Es klappte ganz gut, und auch der Kaplan war zufrieden. Nur das Stufengebet müsse noch langsamer und deutlicher gebetet werden, sagte er. Wie ich später merkte, haperte es damit bei uns allen. Nach einem halben Jahr wurden nur noch die Anfangsworte deutlich gesprochen, der Rest im Schnelldurchlauf gebetet. Beim Schuldbekenntnis wurde nur das mea culpa und mea maxima culpa laut hinausposaunt. Alle Kirchenbesucher sollten es hören. Nach einem halben Jahr Ministrantentätigkeit stellte ich fest, dass für diesen Dienst doch eine Menge Freizeit aufgewendet werden musste, aber bereut habe ich meinen Entschluss nie. Im Gegenteil, nachdem ich als 14jähriger meine Lehre in Breslau begonnen hatte, meldete ich mich in der St. Matthias Kirche auf dem Ritterplatz zu Breslau und wurde Akolyth – ein Lichtträger (die nächste Stufe nach dem Ministranten).

Felix Lippa (Rosenberger Kreisblatt – Unser Oberschlesien Nr. 7/2002)