Antriebe mit Asynchronmotor

In der Antriebstechnik werden Asynchronmotoren wegen ihres wartungsarmen und robusten Betriebsverhaltens als drehzahlgesteuerte oder drehzahlgeregelte Antriebe eingesetzt. Die Drehzahl wird über die Frequenz f der Betriebsspannung gesteuert. Sie ist proportional zur Frequenz.

Aufbau eines Asynchronmotors


Quelle: Wikipedia

Ständer Läufer
Der Asynchronmotor besteht aus dem Ständer (feststehender Teil des Motors) und einem drehbar gelagerten Läufer. Im Ständer befinden sich drei um 120° versetzte Drehstromwicklungen. Der Läufer besteht aus mehreren zylinderförmig angeordneten Leiterstäben, die an ihren beiden Stirnseiten kurzgeschlossen sind.

Aufgaben

  1. Beschreiben Sie den Aufbau eines Asynchronmotors.
  2. Aus welchem Material ist der Ständer?
  3. Aus welchem Material sind die Läufertstäbe?
  4. Wie wirkt sich das Vehältnis von Läuferlänge und Läuferdurchmesser auf das Betriebsverhalten aus?
  5. Wie viel Pole hat der dargestelle Motor?

Wirkungsweise eines Asynchronmotors

Quelle: Dr. M. Filtz, TU Berlin

In den Ständerwicklungen entsteht durch die Umpolung der Magnetfelder ein Drehfeld.


Quelle: Wikipedia

Das Drehfeld des Ständers induziert in Stäben des Läufers nur eine Spannung, wenn die Läuferdrehzahl kleiner ist als die Drehfelddrehzahl.

Die in den Läuferstäben induzierte Spannung bewirkt einen Stromfluss in den Läuferstäben.

Das durch den Läuferstrom verursachte magnetisches Feld des Läufers ist dem Magnetfeld der Ständerwicklungen entgegengesetzt. Dadurch kommt eine Drehbewegung zustande.

Drehfelddrehzahl

Für die Winkelgeschwindigkeit ωd des Drehfeldes gilt:

ωd = 2π⋅nd = α/t = (2π/p)/T = (2π/p)⋅f             mit p = 1, 2, 3, 4 ....   (Polpaarzahl)

nd = f/p

Je größer die Polpaarzahl, desto kleiner ist die Drehfelddehzahl.

Im 50 Hz Wechselstromnetz kann das Drehfeld nur folgende Werte annehmen:
3000 min-1, 1500 min-1, 1000 min-1, 750 min-1 usw.

Schlupfdrehzahl

ns = nd - n

Die Schlupfdrehzahl ist die Differenz zwischen Drehfelddrehzahl und Läuferdrehzahl.

Schlupf

s = ns/nd

oder:

s = (nd - n)/nd = 1 - n/nd 

Der Schlupf s ist das Verhlätnis aus Schlupfdrehzahl und Drehfeldrehzahl. Der Schlupf nimmt Werte zwischen 0 (Stillstand) und 1 (Leerlauf) ein.

Je kleiner der Schlupf ist, desto größer ist die Drehzahl.

Der Schlupf s ist eine wichtige Rechengröße. Mit Hilfe des Schlupfes können Betriebseigenschaften des Asynchronmotors beschrieben und berechnet werden.

Für den Wirkungsgrad η gilt näherungsweise:
η = 1 - s

Die Frequenz f2 des Läuferstromes ist immer kleiner als die Netzfrequenz f1:
f2 = s⋅f1

Erzeugung des Drehmomentes

In den Ständerwicklungen wird ein magnetisches Feld mit der Feldstärke B erzeugt. In den Läuferstäben wird nach dem Induktionsgesetz ein Strom mit der Stromstärke I induziert (erzeugt).
Die in den Läuferstäben erzeugte Kraft ist proportional zu der Läuferstromstärke, der Stärke des Ständermagnetfeldes, zu der Länge l und der Anzahl z der Läuferstäbe.

Fmagn = B⋅I⋅l⋅z

Multipliziert man die magnetische Kraft, die am Umfang des Läufers erzeugt wird, mit dem Radius r des Läufers, so erhält man das Drehmoment eines Asynchronmotors:

M = B⋅I⋅l⋅z⋅r

Aufgaben

  1. Beschreiben Sie das Zustandekommen eines Drehfeldes?
  2. Welchen Wert kann die magnetische Feldstärke B im Ständer höchstens haben?
  3. Beschreiben Sie die Wirkungsweise des Asynchronmotors.
  4. Was versteht man unter Schlupfdrehzahl und Schlupf?
  5. Welche Werte kann der Schlupf haben?
  6. Welchen Wert hat der Schlupf im Stillstand und im Leerlauf?
  7. Die Läuferdehzahl beträgt 1460 1/min. Berechnen Sie den Schlupf s und die Frequenz f2 des Läuferstromes.
  8. Welche Auswirkung hat eine Verringerung der Läuferfrequenz auf den Läuferstrom?
  9. Durch welche konstruktive Maßnahmen kann man das Drehmoment eines Asynchronmotors erhöhen?
  10. Warum verringert sich die Drehfelddrehzahl mit zunehmender Polpaarzahl?

Betriebsverhalten

Anhand des Ersatzschaltbilds kann das Betriebsverhalten des Asynchronmotors beschrieben werden.

R1: ohmsche Widerstand der Ständerwicklung (Wärmeverlust R⋅I2)
X1s: primäre Streureaktanz (Streuverluste des Ständers)
Xh: Hauptreaktanz (erzeugt das Erregerfeld B)
X'2s: sekundäre Streureaktanz (Streuverluste des Läufers)
R'2: ohmsche Widerstand der Läuferwicklung (Wärmeverlust R⋅I2)
s: Schlupf

Das Ersatzschaltbild eines Asynchronmotors gleicht dem eines kurzgeschlossenen Transformators.

Das Betriebsverhalten wird durch folgende Formeln beschrieben.

Größe Formel Erläuterung
Drehfelddrehzahl nd = f/p
Die Drehfelddrehzahl ist von der Frequenz f der Motorspannung und von der Polpaarzahl p abhängig.
Läuferdrehzahl n = f(1-s)/p Die Läuferdrehzahl ist eine Funktion der Frequenz f der Motorspannung, der Polpaarzahl und des Schlupfes.
Schlupf s = (nd - n)/nd Der Schlupf ist immer kleiner 1
Drehmoment M = 2⋅Mk/(sk/s + s/sk) Das Drehmoment ist eine Funktion des Schlupfes (Kloßsche Gleichung).
Leistungsaufnahme Pel =√3⋅U⋅I⋅cosφ Die aufgenommene elektrische Leistung ist vom Leistungsfaktor und vom Motorstrom abhängig.
Drehmoment M = Pmech/(2πn) Die abgegebene Drehmoment ist proportional zur Leistung
und umgekehrt proportional zur Drehzahl.
Leistungsabgabe Pmech=M⋅2⋅π⋅nd(1-s)  Die mechanische Leistung ist vom Schlupf abhängig.

Normierte Hochlaufkennlinie M = f(n)

Die Drehzahl n (=unabhängige Variable) wird langsam erhöht. Für jede Drehzahl wird das zugehörige Drehmoment M (=abhängige Variable) ermittelt.

Mit der Kloßschen Gleichung
M = 2⋅Mk/(sk/s + s/sk)   mit n = nd(1 - s)
kann die Hochlaufkennlinie dargestellt werden.


Folgende Betriebspunkte sind von praktischer Bedeutung:

MA: Anlaufmoment
MK: Kippmoment
MN: Bemessungsmoment (Nennmoment)

Der Drehmomentenverlauf ist eine Funktion der Drehzahl: M = f(n).

Normierte Lastkennlinie n = f(M)

Mit zunehmendem Lastmoment sinkt die Drehzahl. Die Lastkennlinie hat eine negative Steigung.

Aufgaben

  1. Zeichnen Sie eine Hochlauf-Kennlinie des Drehmomentes M=f(n) und beschreiben Sie deren Verlauf.
  2. Erläutern Sie die Begriffe Anlaufmoment, Sattelmoment, Kippmoment und Bemessungsmoment (Nennmoment)
  3. Bestimmen Sie den Kippschlupf.
  4. Bestimmen Sie die Kippdrehzahl für einen vierpoligen Motor.
  5. Bestimmen Sie das Anlaufmoment, das Kippmoment und das Bemessungsmoment mit den dazugehörigen Drehzahlen für den Motor 100L.
  6. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Schlupf und Wirkungsgrad?
  7. Unterscheiden Sie die Hochlaufkennlinie von der Lastkennlinie.
  8. Welchen Verlauf sollte eine ideale Lastkennlinie haben?
  9. Sollte der Kippschlupf möglichts groß oder möglichts klein sein? Begründen Sie Ihre Antwort.
  10. Warum verringert sich die Drehzahl, wenn der Motor mit einem höheren Lastmoment stärker belastet wird ?

Simulation des Betriebsverhaltens

Ausgewählte Motordaten

Bemmessungsleistung Pmech/kW 4 7,5 15 110
Bemessungsstromstärke IN/A 9 16 31 200
Bemessungsdrehzahl nN 1450 1455 1496 1488
Trägheitsmoment des Läufers JM/kgm2 0,0375 0,06 0,155 3,48
Bemessungsdrehmoment MN/Nm 26,3 49,2 97,5 704,1
ohmscher Widerstand des Ständers R1 1,37 0,63 0,254 0,0144
ohmscher Widerstand des Läufers R2 1,11 0,465 0,166 0,009
Ständerstreuinduktivität L1/mH 5,76 3,04 1,5 0,177
Läuferstreuinduktivität L2/mH 8,82 4,63 1,55 0,216
Hauptinduktivität Lh/mH 155,3 85,2 42 10,1

Das Programm simuliert den Hochlaufvorgang eines Asynchronmotors. Verschiedene Parameter (Polpaarzahl, Frequenz, Kippschlupf) können ausprobiert werden.



Drehfrequenzbereich Polpaarzahl
Frequenz in Hz Kippschlupf sk
Lastmoment ML in Nm

Bis der Motor die Bemessungsdrehfrequenz erreicht, muss er zusätzlich zum Lastmoment ML noch das Beschleunigungsmoment MB aufbringen:
Mges = MB + ML = J⋅Δω/Δt + F⋅r
Das Beschleunigungsmoment kann aus dem Diagramm direkt als Differenz zwischen dem momentanen Drehmoment M = f(n) und dem Lastmoment abgelesen werden. Im Kipppunkt ist das Beschleunigungsmoment am größten. Im Arbeitspunkt (Schnittpunkt der Lastkennlinie mit der Motorkennlinie) ist das Beschleunigungsmoment null.
Der Motorstrom sinkt mit steigender Drehzahl: I = f(n).

Aufgaben

  1. Zeichnen Sie den Stromverlauf I1=f(n) für den Hochlaufvorgang. Beschreiben und begründen Sie Verlauf I1=f(n).
  2. Wie wirkt sich die Erhöhung der Polpaarzahl p auf die Drehfelddrehzahl nd aus?
  3. Erstellen Sie eine Tabelle für mögliche Drehfelddrehzahlen.
  4. Welchen Einfluss hat der Läuferwiderstand R2 auf den Drehmomentenverlauf?
  5. Untersuchen Sie den Einfluss der Netzfrequenz f auf den den Drehmomentenverlauf.
  6. Untersuchen Sie den Einfluss der Polpaarzahl p auf den den Drehmomentenverlauf.
  7. Untersuchen Sie den Einfluss der Netzspannung U1 auf den den Drehmomentenverlauf.
  8. Was versteht man unter einem Arbeitspunkt?
  9. Suchen Sie für den Hubantrieb mit einem Lastmoment von ML= 40 Nm einen geeigneten Asynchronmotor. Welcher Arbeitspunkt stellt sich ein?

Sprungantwort

Der Motor wird ohne Verzögerung an die Netzspannung geschaltet. Gemessen wird das Drehmoment M=f(t) und die Drehzahl n=f(t).

Aufgaben

  1. Beschreiben Sie den Verlauf des Drehmoments M=f(t).
  2. Welche Konsequenzen hat der Drehmomentenverlauf beim Einschalten für die Welle und Lager?
  3. Beschreiben Sie den Verlauf der Drehzahl n=f(t).
  4. Welchen Einfluss hat die Erhöhung des Trägheitsmomentes auf den Drehzahlverlauf n=f(t)?

Leistungsschild eines Asynchronmotors

Die Antriebswelle des Motors dreht sich mit einer Drehfrequenz von 1430 1/min. Bei dieser Drehfrequenz gibt der Motor eine mechanische Leistung von 15 kW ab. Der Strom in der Zuleitung darf 28 A nicht überschreiten. Die Phasenverschiebung zwischen Spannung und Stromstärke beträgt 25,8°.

Berechnung von Betriebsdaten

mechanische Leistung in kW
Stromaufnahme in A
Leistungsfaktor
Drehfrequenz des Motors in 1/min
Drehfrequenz des Drehfeldes 1/min

elektrische Leistung
Drehmoment
Schlupf
Wirkungsgrad η
Läuferfrequenz f2

Aufgaben

  1. Erläutern Sie die Angaben des Typenschildes.
  2. Berechnen Sie den Schlupf für den Arbeitspunkt, die elektrische Leistungsaufnahme, das Drehmoment und den Wirkungsgrad des Asynchronmotors.

Anschluss

Im Klemmbrett des Motors werden die Brücken verschraubt.

Sternschaltung Dreieckschaltung

In der Dreieckschaltung ist die mechanische Leistung um den Faktor 3 größer als in der Sternschaltung.

Aufgaben

  1. Beschreiben Sie, wie wird ein Asynchronmotor angeschlossen wird.
  2. Vergleichen Sie die Leistungsaufnahme bei Dreieckschaltung mit der Sternschaltung.
  3. Wie kann die Drehrichtung geändert werden?
  4. Beschreiben Sie die Funktionsweise einer Wendeschützschaltung.
  5. Beschreiben Sie die Funktionsweise einer Stern-Dreieckschaltung.
  6. Ab welcher Leistung (Stromstärke) ist eine Stern-Dreieckschaltung vorgeschrieben?
  7. Darf ein Hubantrieb mit einer Stern-Dreieckschaltung betrieben werden? Begründen Sie ihre Aussage.
  8. Ein Motor (Typ 132M) soll an eine 85 m lange Zuleitung angeschlossen werden. Der Spannungsfall darf 3% betragen. Berechnen Sie den Leiterquerschnitt. Wählen Sie eine geeignete Sicherung aus.

Dimensionierung von Antrieben

Hubantrieb

Arbeitsschritte

  1. Berechnung der mechanischen Leistung
  2. Auswahl des Motors
  3. Berechnung des Getriebes
  4. Überprüfen des Drehmomentes

Dimensionierung eines Hubantriebs

Geschwindigkeit v in m/s
Masse in kg
Durchmesser der Seilwinde in Meter
Drehfrequenz des Motors in 1/min

mechanische Leistung der Arbeitsmaschine in W
Drehmoment in Nm
Drehfrequenz der Seiltrommel in 1/min
Übersetzungsverhältnis des Getriebes

Betriebswerte von Normmotoren

Bau-
größe
P/kW n
min-1
IN MN
in Nm
Wirkungs-
grad
Leistungs-
faktor
IA/IN MA/MN Mk/MN m
in kg
71 0,25 1325 0,79 1,8 0,62 0,78 3,2 1,7 1,7 4,8
80 0,55 1400 1,47 3,7 0,71 0,80 4,7 2,3 2,4 8,0
90S 1,1 1410 2,8 7,5 0,75 0,81 5,0 2,1 2,5 12,3
100L 2,2 1415 4,9
15 0,79 0,82 6 2,2 2,6 22
132M
7,5
1450 14,8
49
0,86
0,85
7,6
2,4
3,3
53

Aufgabe

Ein Asynchronmotor soll einen Fahrstuhl (m = 1000 kg) mit einer Geschwindigkeit von v=1 m/s befördern. Die Seiltrommel hat einen Durchmesser von 10 cm.

a) Berechnen Sie die mechanische Leistung.
b) Wählen Sie einen geeigneten Motor aus.
c) Berechnen Sie das Übersetzungsverhältnis des Getriebes.
d) Überprüfen Sie durch Rechnung, ob das Drehmoment des Motors ausreicht.

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